„Systematische Steuerhinterziehung muss wirksamer bekämpft und härter bestraft werden!“ Das fordert der SPD-Landtagsabgeordnete und ehemalige niedersächsische Finanzminister Heinrich Aller. „Die wachsende Zahl von Selbstanzeigen im Zusammenhang mit den Steuerhinterziehungen über Konten in der Schweiz ist ein deutliches Signal an die Politik, endlich konsequenter gegen Steuerhinterziehung vorzugehen,“, erklärte Aller zu den vom niedersächsischen Finanzministerium bekannt gegebenen Zahlen.

Mit Stand Freitag, den 19. Februar seien allein in Niedersachsen 328 Selbstanzeigen eingegangen. Das nicht versteuerte Einkommen belaufe sich auf rund 69,2 Millionen Euro. Dem entsprächen Mehrsteuern in Höhe von rund 23,5 Millionen Euro.

Es sei ganz offensichtlich, dass eine erschreckend große Zahl von Steuerpflichtigen ohne Furcht vor Entdeckung oder Strafe riesige Summen hinterzögen. Aller beklagt, dass Steuerhinterziehung nach wie vor als so genanntes Kavaliersdelikt angesehen werde, obwohl Staat und Gesellschaft Steuern in Milliardenhöhe vorenthalten würden. Die täglich vom Finanzministerium veröffentlichten Daten, Zahlen und Fakten dürften deshalb nicht als Erfolgsmeldungen fehl interpretiert werden. Vielmehr ließen sie den Schluss zu, dass es sich nicht um „kleine Fische“ handele. Im Durchschnitt bedeutet jede der bisher erfassten Selbstanzeigen rund 210.000 Euro nicht versteuertes Einkommen und rund 72.000 Euro hinterzogene Steuern.

„Das ist kein Pappenstiel. Mit Sicherheit sind diese Zahlen ein Schlag ins Gesicht jedes ehrlichen Steuerzahlers!“, meint der SPD-Politiker. „Es kann und darf nicht sein, dass die ehrlichen Steuerzahler die Dummen sind, die pünktlich und vollständig ihrer Steuerpflicht nachkommen. Die Schlauen seien dagegen angeblich die Steuerhinterzieher, die zu Lasten der Gemeinschaft richtig ‚Kasse machen’“, erklärte der SPD-Finanzpolitiker.

In seiner Zeit als Finanzminister habe er im Rahmen der so genannten Bankenfälle gezeigt, dass konsequentes Vorgehen gegen Steuerhinterziehung ohne Alternative ist. Der Staat dürfe nicht sehenden Auges zulassen, dass das Prinzip der Steuergerechtigkeit systematisch ausgehebelt werde. Aller hatte seinerzeit den niedersächsischen Steuerbehörden das Personal und die Mittel an die Hand gegeben, um die massenhafte Steuerflucht um das Jahr 2000 verfolgen, aufzuklären und die fälligen Steuern notfalls mit Strafverfahren hereinzuholen. Als er Anfang 2003 sein Amt an seinen Nachfolger Hartmut Möllring abgab, waren rund 500 Millionen Euro Mehrsteuern verbucht worden.
Als Möllring am 31.12.2004 die Bilanz der „Bankenfälle“ vorgelegt hat, betrug die Summe rund 656 Millionen Euro – davon 347 Millionen Euro aus Selbstanzeigen – außerdem weist die Statistik 9077 Strafverfahren nach.

Diese Zahlen belegen nach Allers Auffassung den dringenden politischen Handlungsbedarf. Der Staat müsse dafür sorgen, dass die Mehrheit der ehrlichen Steuerzahler sicher sein könne, dass Steuergerechtigkeit nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch für alle gelte. Deshalb sei es an der Zeit, die notwendigen rechtlichen, organisatorischen und personalwirtschaftlichen Konsequenzen zu ziehen. Die wiederholten Steuerskandale der jüngsten Vergangenheit hätten auch deutlich gemacht, dass gerechte Steuern und gerechte Besteuerung zumindest in Europa nicht an den nationalen Grenzen scheitern dürften.