Zur Sache: Neubau des Landtages
Mit großer Mehrheit hat der Niedersächsische Landtag den Neubau des Plenarsaalbereichs nach den Plänen des Siegerentwurfs aus dem jüngsten Architektenwettbewerb beschlossen. Damit wurde eine lange und kontroverse Debatte abgeschlossen. Der SPD-Landtagsabgeordnete Heinrich Aller hat sich dabei klar positioniert: Er hat für den Neubau und für die Umsetzung des Siegerentwurfs gestimmt. Seine Position hat er im Plenum am Dienstag begründet - die Rede ist hier dokumentiert.
In der Aussprache zur Drucksache 16/2300, in der die Entscheidungsalternativen zur Neugestaltung des Plenarsaals aufgeführt werden, hat Heinrich Aller mit einem Redebeitrag dargestellt, wie er abstimmen wird. Insgesamt gab es drei Abstimmungen - zuerst über die Frage, ob der Landtag saniert werden soll, dann darüber, ob der Realisierungswettbewerb fortgesetzt werden soll und schließlich, ob Entwurf A (Siegerentwurf) oder B (2. Platz) umgesetzt werden soll.
Heinrich Aller hat zu 1) und 2) mit JA und bei 3) mit A abgestimmt und in der Debatte folgende Rede gehalten:
"Herr Präsident! Meine Damen und Herren!
Die Tatsache, dass aus der Fraktion der Sozialdemokratie hier so unterschiedliche Meinungsbilder vorgetragen werden, macht deutlich, wie intensiv, wie fachorientiert und wie offen diskutiert worden ist. Deshalb bin ich erst einmal sehr dankbar, dass wir die Abstimmung freigegeben haben und es möglich ist, in diesem Parlament unterschiedliche Positionen in aller Klarheit darzustellen.
(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)
Ich stimme für die Variante 1 von Professor Yi und tue dies aus guten Gründen. Diese Gründe wurden von Herrn McAllister in Bezug auf das Verfahren und von Herrn Möhrmann in der sachlichen und fachlichen Begründung schon gut vorgetragen.
(Zustimmung bei der SPD, bei der CDU und bei der FDP)
Wenn sich Herr Dr. Sohn und der Chefredakteur der HAZ verbal und inhaltlich verbinden, dann werde ich bei der inhaltlichen Aussage skeptisch.
(Zustimmung bei der SPD, bei der CDU und bei der FDP)
Einige Punkte des Verfahrens sind für mich aufgrund der Erkenntnisse von 2002/2003 von Anfang an ganz wichtig gewesen: Der erste Punkt: Das Verfahren ist ergebnisorientiert angelegt und gibt dem Landtag die zweite und letzte Chance, einen Landtagsneu- oder -umbau zu organisieren. Sonst braucht er es nie wieder zu versuchen. Ich bin dem Herrn Präsidenten dankbar, dass es gelungen ist, die Fraktionen der CDU, der SPD, der FDP und zeitweise auch der Grünen in diesen konstruktiven Prozess einzubeziehen.
Der zweite Punkt: Das Verfahren ist einvernehmlich mit Kommission, Jury und Wettbewerb auf den Weg gebracht worden und hat in der Bereitstellung von maximal 45 Millionen Euro mit der Verabschiedung des Haushalts 2010 gegipfelt. Da haben die Koalition und die SPD in diesem Punkt zusammengestanden und gesagt: Dies ist der Rahmen, in dem wir uns bewegen. - Spätestens da hätte sich jeder, der Probleme mit dem weiteren Fortgehen gehabt hätte, melden müssen, Alternativen ansprechen und sagen müssen, was er will.
(Beifall bei der CDU und bei der FDP und Zustimmung bei der SPD)
Auch da hat sich die Öffentlichkeit noch nicht wesentlich in die Diskussion eingebracht. Nach der Vorlage des Wettbewerbsergebnisses war klar, dass es im Kern nur zwei Alternativen gab. Das war aber in der Kompromissbereitschaft des Wettbewerbs angelegt: Neubau man sollte nicht immer nur von Abriss reden oder Teilabriss und Teilrenovierung im Bestand. Über diese beiden Alternativen war am Ende zwangsläufig zu entscheiden, und zwar nach meiner Einschätzung durch das Parlament. Deshalb ist alles Beiwerk der Debatte zur Seite zu schieben, weil die wesentlichen Kriterien, die als Vorgabe in den Wettbewerb gegeben worden sind, eingehalten wurden. Alle dafür bin ich Herrn Professor Fingerhuth sehr dankbar, die in der Kommission dafür gestimmt haben, dass Professor Yi auf Platz 1 gekommen ist, sind ja keine Deppen im Geschäft. Das sind hoch qualifizierte Leute, die mit 14:4 abgestimmt haben: Yi auf Platz 1, Gebhardt auf Platz 2. Diesem Votum habe ich mich angeschlossen.
(Beifall bei der SPD, bei der CDU und bei der FDP)
Wenn ich die Debatte rückblickend betrachte, stelle ich fest: Kostenrahmen - kein Problem mehr, weil beide Projekte wenigstens gleich teuer würden, das eine mit hohem Risiko belastet. Denkmalschutz - neutralisiert in der Debatte und in der Bewertung durch die jeweiligen Wortmeldungen.
Das Letzte, was ich für wichtig halte: Einbindung in das Stadtbild von Hannover. Da folge ich dem Oberbürgermeister voll und ganz und bin dankbar dafür, dass er sich so klar positioniert hat, viel klarer als andere. Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD, bei der CDU und bei der FDP)"
Bereits im Februar hatten die Senioren vom TuS Seelze Gelegenheit, die Ausstellung zu den Wettbewerbsentwürfen im Landtag zu besuchen. Dort - und an vielen anderen Stellen - hat Heinrich Aller die Entwürfe und die Debattenhistorie erläutert und Stellung bezogen. Zum Thema Landtagsneubau haben Heinrich Aller auch einige E-Mails erreicht - diese wurde alle vor der entscheidenden Plenumssitzung beantwortet, jeweils mit dem klaren Hinweis auf die eigene Position und das Abstimmungsverhalten. Eine dieser Antworten wird hier veröffentlicht:
"Sehr geehrte Frau __________,
herzlichen Dank für Ihre E-Mail. Zustimmen kann ich Ihrer Auffassung nicht. Vor knapp 10 Jahren hatten wir eine ähnliche Diskussion. Auch damals haben sich – z.T. dieselben - Kritiker zu Wort gemeldet, die heute wieder mit für mich nicht stichhaltigen Argumenten einen notwendigen Neubau verhindern wollen.
Über Architektur kann man streiten. Nicht aber über Fakten. Ich bedauere sehr, dass die HAZ ganz offensichtlich Stichwortgeberin und Plattform für die Protagonisten der – ja was eigentlich? - zweitbesten Lösung geworden ist. Ich finde es unerträglich, wie sich der Chefredakteur wenige Tage vor der Landtagsentscheidung öffentlich einlässt, nachdem er über Monate nicht dafür gesorgt hat, dass das Prozedere um Neubau, Sanierung im Bestand, Wettbewerb, Baukommission, Jury und Kosten wenigstens einigermaßen objektiv dargestellt worden ist. Ganz wichtig: Über die Tatsache, dass an dem in wesentlichen Teilen maroden und modernen Anforderungen an ein Landesparlament nicht mehr genügendem Oesterlen-Gebäude durchgreifender Erneuerungsbedarf besteht, der sich in das Stadtumfeld einfügt, wurde kaum berichtet. Das war aber allen Experten klar, als Verfahren und Kostenrahmen – u.a. während der Debatte über den Haushalt 2010 – öffentlich erörtert worden und von CDU, SPD und FDP beschlossen worden sind. Angesichts dieses Vorlaufs ist mir auch die Kehrwendung von Ministerpräsident Wulff nicht erklärlich.
Erst heute musste ich zur Kenntnis nehmen, dass sonst gut informierte Menschen nicht „gelesen“ oder „gehört“ haben, dass der dritte Preisträger unmissverständlich erklärt hat, dass nach sorgfältiger Prüfung eine Sanierung im Bestand auf Basis der Vorgaben einschließlich Preis (max. 45 Mio. Euro) nicht machbar sei. Auch die Tatsache, dass der 2. Preis annähernd so teuer kommt (wenn nicht teurer wg. der Altbaurisiken) wie der 1. Preis. Das Argument der Denkmalpflege kann ich angesichts der massiven Eingriffe beim 2. Entwurf überhaupt nicht nachvollziehen.
Ich wollte Ihnen jedenfalls vor der Abstimmung im bevorstehenden Plenum mit wenigen Argumenten deutlich machen, dass ich sehr gründlich geprüft habe, wie ich abstimmen werde. Das habe ich in der Fraktion, in der Partei und in der Öffentlichkeit mit guten Argumenten vertreten. Die Abstimmung in unserer Fraktion ist frei gegeben. Ich werde für den 1. Preisträger mit den inzwischen erfolgten Ergänzungen stimmen.
Mit freundlichen Grüßen
Heinrich Aller MdL"
Weitere Berichterstattung zum Thema wird folgen - unter anderem in der "ZidZ".