Die Wählerinnen und Wähler sollen ein entscheidendes Wort mitreden, ob und in welcher Form die kommunalen Wahlrechtsbestimmungen vereinfacht werden können. Das fordert der SPD-Politiker Heinrich Aller. Noch seien die Eindrücke präsent, mit denen sowohl Wählerinnen/Wähler und Nichtwählerinnen/Nichtwähler die komplizierten Verfahren kritisiert haben.

Niemand könne ernsthaft in Frage stellen, dass trotz aller Aufklärung das System Wähler eher abschrecke als zur Teilnahme an der Wahl motiviere. Tatsächlich habe er im Wahlkampf nicht selten so etwas wie Schwellenangst beobachtet, so der Vorsitzende des SPD-Unterbezirks Region Hannover. Aller warnt davor, dass nach der ersten Aufregung über die beklagenswerte Wahlbeteiligung das Thema Vereinfachung wieder ad acta gelegt werde. Phänomenen wie der so genannte Politikverdrossenheit, der zunehmenden Wahlenthaltung, teilweisen offenen Wahlverweigerung seien sicher nicht einfachen Maßnahmen zu begegnen. Die Politik müsse jedoch da den Mut und die Kraft zum Handeln haben, wo es möglich sei. Überfällige Wahlrechtsänderungen seien auch ein Signal an die Wählerinnen und Wähler, die Kompliziertheit und fehlende Transparenz als Argument für Wahlenthaltung ins Feld führen.

Wenn es eines neuerlichen Beweises bedurfte, dann ist es der Parteiaustritt des Republikaners Wilhelm Scholz (Lehrte), der bereits 14 Tage nach der Wahl in der Region als weiterer EX-Republikaner beim BürgerForum und Dirk Salzmann Aufnahme finden werde. Dass bis zu fünf Wahlzettel, bis zu elf Stimmen, das Auszählsystem Hare-Niemeyer mit fragwürdigen Ergebnissen und zum Teil schwer zu begründende Stichwahlen auch Gründe für zurückgehende Wahlbeteiligung sind, steht für Aller außer Frage. Es sei deshalb eine Frage der Vernunft, in engem zeitlichen Zusammenhang mit den Erkenntnissen aus den Kommunalwahlen in Niedersachsen zu handeln. Gefordert sei vor allem der Landesgesetzgeber. Das Thema komme auf jeden Fall auf die Tagesordnung des nächsten SPD-Unterbezirksvorstandes, so der Landtagsabgeordnete.

Beispiele in anderen Bundesländern bewiesen, dass es eine Vielzahl einfachere Wahlsysteme gäbe, die alle demokratischen Ansprüchen entsprächen, aber den Vorteil besserer Transparenz hätten. Wegen erkennbarer Vorteile für handlungsfähige Mehrheiten in den Gebieteskörperschaften sei sicher die Akzeptanz bei der Wählerschaft höher. Warum werden in Niedersachsen nicht die Wählerinnen und Wähler gefragt, ob sie im Interesse von mehr Transparenz und Akzeptanz konkrete Änderungen für Ziel führend halten, fragt sich Aller. Auf Kumulieren und Panschieren verzichten, unter klar definierten Bedingungen Stichwahlen vermeiden, das Auszählverfahren nach dHondt statt Hare-Niemeyer wieder einführen und Mindestquoten für den Einzug in Rat, Kreistag und Regionsversammlung hält Aller für vernünftig und machbar, ohne dass Bürgernähe und demokratische Grundprinzipien litten.

Der SPD-Politiker vertritt die Auffassung, dass der Vielzahl kluger Analysen und Ratschläge auch Taten folgen müssten. Wer die schleichende Entpolitisierung ständig beklage, müsse sich fragen lassen, ob jeder seine Möglichkeiten ausschöpft, zwischen den Wahlen seinen spezifischen Beitrag zu sachlicher Information und Bürgerdialog leiste. Politik und Medien seien da besonders gefordert. Auf jeden Fall sei es nicht klug, über Wahl- und Auszählverfahren Politik so zu verkomplizieren, dass statt mehr und direkterer Beteiligung das Gegenteil nämlich Wahlabstinenz vieler Menschen erreicht werde.