Leester Modell beeindruckt Delegation aus Seelze: Zusammenführung von Grundschule und Hort schafft Ganztagsangebot
Die Ausgangslage in der Stadt Seelze und der Gemeinde Weyhe ist gleich. Die Nachfrage nach Betreuungsangeboten in Einrichtungen mit flexiblen Öffnungszeiten wächst. Für viele Eltern und Familien reicht eine Halbtagsbetreuung nicht aus. Die Öffnungszeiten der Einrichtungen „passen nicht“ zu den Arbeitszeiten. Verlässliche Betreuung ist jedoch für viele Eltern die Voraussetzung dafür, arbeiten zu können.
Die SPD Seelze hat sich das Thema offene Ganztagsgrundschulen jetzt auf die Fahnen geschrieben. „Wir wollen, dass die Einrichtungen für die Kleinsten möglichst bedarfsgerecht gestaltet werden – und das sind häufig mehr als nur halbe Betreuungstage. Wir wollen, dass Ganztagsbetreuung, wo gewünscht und notwendig, nicht nur in Krippen und Kindertagesstätten funktioniert. Wir brauchen anschließend für Kinder im Grundschul- oder Hortalter eine Fortsetzung der verlässlichen Betreuung.“ So haben es die Seelzer Sozialdemokraten formuliert.
Heinrich Aller, Ratsherr und Landtagsabgeordneter, hat jetzt einen Lösungsvorschlag aufgegriffen, der seinen Vorstellungen von gutem Unterricht, verlässlicher Betreuung, sozial vertretbaren Preisen und für die öffentlichen Haushalte bezahlbaren Angeboten sehr nahe kommt. Die Gemeinde Weyhe hat im Ortsteil Leeste in Zusammenarbeit von Stadt und Land und mit breiter Unterstützung von Eltern, allen Parteien und zahlreichen Kooperationspartnern eine Ganztagsgrundschule eingerichtet.
Schulleiterin Ingrid Delgehausen, selbst einmal Pädagogin in Seelze, hatte die Einladung ausgesprochen: „Kommt doch einfach mal vorbei und seht euch an, wie wir das machen!“ – Mit zwei Autos hat sich jetzt eine kleine Delegation um Heinrich Aller auf den Weg nach Leeste gemacht. Mit dabei waren die Leiterin der Seelzer Regenbogen-Grundschule Marita Hilgerloh und ihre Kollegin Christa Wels, der Almhorster Reinhard Haubrich, der schulpolitische Sprecher der SPD Ratsfraktion, Julian Rabe, Erhard Klein aus Velber. Vier Stunden dauerte der Ortstermin, bei dem der 1. Stadtrat Dr. Andreas Bovenschulte und Rektorin Ingrid Delgehausen ihr Pilotprojekt Ganztagsgrundschule Leeste vorstellten. Schnell stellte sich heraus, dass die Gemeinde Weyhe in der Nähe von Bremen und die Stadt Seelze in der Region Hannover in vielen Fragen der Kommunalstruktur vergleichbar sind: Seelze rund 34.000 Einwohner in elf Stadtteilen, Weyhe knapp über 30.000 Einwohner in neun Ortsteilen; beide haben je zwei einwohnerstarke Stadtteile und fünf dezentrale Grundschulstandorte mit je einer „Zweigstelle“. In beiden Städten stehen Räte und Verwaltung vor der Herausforderung, die Betreuungszeiten und Unterrichtszeiten in Krippen, Kitas und Horten und Schulen so zu gestalten, dass sie den veränderten bildungspolitischen, familien- und arbeitsmarktpolitischen Anforderungen gerecht werden. Dr. Bovenschulte betonte, dass seine Gemeinde kurzfristig die Zahl der Hortplätze auf 50 habe aufstocken müssen. Die Nachfrage nach ganztätiger Betreuung wachse ständig. Ähnlich sei die Situation in Seelze, hielt Julian Rabe dagegen. Neu eingerichtet werde jetzt eine weitere Gruppe im Stadtteil Lohnde.
Natürlich habe es auch in Leeste skeptische Stimmen gegeben, so der Koordinator Michael Fütterer, der aus dem Hortbetrieb kommend, jetzt das Nachmittagsangebot für die Schülerinnen und Schüler am Grundschulstandort koordiniert. „Wir haben unser Konzept in nur einem Jahr entwickeln können“, sind Koordinator Fütterer, Schulleiterin Delgehausen und 1. Gemeinderat Dr. Bovonschulte überzeugt, „weil alle an einem Strang gezogen haben.“ Vor allem die Eltern, Lehrkräfte, Hortpersonal und politische Parteien sein einbezogen gewesen. Erstaunlich reibungslos seien auch die Abstimmungen mit dem Kultusministerium verlaufen, obwohl in Leeste zwei Systeme – Grundschule und Hort – mit unterschiedlicher Sach-, Fach- und Personalzuständigkeit unter „einem Dach“ zusammengeführt werden mussten. Geholfen hätten die Grundsätze „Freiwilligkeit“, „kreativer, aber wirtschaftlicher Umgang mit den zur Verfügung stehenden Mitteln“ und die „Einbeziehung von Kooperationspartnern aus örtlichen Vereinen und Organisationen“.
Die Mitglieder der Seelzer Delegation konnten sich nicht nur „auf dem Papier“ sondern auch in „der Praxis“ ein Bild von einen Tagesablauf und Wochenplan der offenen Ganztagschule Leeste machen. Beginnend mit dem verbindlichen Mittagessen für 3 Euro am Tag von 12.30 bis 13.15 Uhr, der anschließenden Hausaufgabenhilfe von 13.15 bis 14.00 Uhr, dem folgenden Block mit fünf Arbeitsgemeinschaften und einer „Anschlussbetreuung“ von 15.30 bis 17.00 Uhr für einen Betrag von 1,50 Euro/Stunde setzt der offene Nachmittagsbetrieb von Montag bis Donnerstag auf dem Unterricht und verlässlichen Schulangebot am Vormittag auf. Die sogenannte Anschlussbetreuung werde von weniger Kindern in Anspruch genommen. Dass allerdings die Zahl der Kinder, die die freiwilligen Nachmittagsangebote nutzen, von ursprünglich 50 im gebührenpflichtigen Hort betreuten Kindern bereits jetzt auf 110 angewachsen sei, werten Schule und Gemeinde als großen Erfolg. Fast die Hälfte aller Grundschüler nutzt damit das Grundschul-Ganztagsangebot.
Die SPD-Vertreter luden die Leester Schulpioniere nach Seelze ein. Klar sei, dass das Leester Modell nicht „eins zu eins“ auf Grundschulen in Seelze zu übertragen sei. Aber das Kooperationsmodell beinhalte überzeugende Elemente. So sei auch die Ferienregelung gut gelöst. „Natürlich kommen wir auch nach Seelze“, versicherten die Leester. „Vor allem die Tatsache, dass viele Vereine, die unserem Projekt ursprünglich skeptisch gegenüberstanden, jetzt Kooperationspartner sind, sei ein gutes Beispiel dafür, wie Zusammenarbeit im Interesse der Kinder und Eltern erfolgreich funktionieren kann.“ Heinrich Aller kündigte an, dass die aus Leeste zugesagten Ratsunterlagen und das Schulkonzept umgehend auch mit den Seelzer Elternvertretungen besprochen werden sollen. Leeste habe gezeigt, dass es sich lohne „über den kommunalen Tellerrand zu schauen“, um zu lernen.