In seiner Sitzung am 8. Juni hat der Niedersächsische Landtag eine Veränderung des Abgeordnetengesetzes
und damit eine Erhöhung der Diäten beschlossen. Grundlage für den Beschluss war der Bericht der unabhängigen Diätenkommission des Landtages, die eine maßvolle Anhebung der Diäten vorgeschlagen hat. Heinrich Aller hat in der Sitzung für den gemeinsamen Antrag von CDU, FDP und SPD gestimmt. Sein Votum hat er klar und ausführlich begründet. Seine Stellungnahme veröffentlicht er hier:

Stellungnahme von Heinrich Aller MdL

Das Land Niedersachsen hat als einziges Bundesland eine sogenannte Diätenkommission eingerichtet, die jährlich dem Niedersächsischen Landtag bzw. dem Landtagspräsidenten einen Bericht vorlegt. Der Bericht beinhaltet eine Überprüfung der aktuellen Abgeordnetenentschädigungen und gibt eine Empfehlung für die Zukunft. Der „Kommission zur Überprüfung der Angemessenheit der Abgeordnetenentschädigungen“ gehören Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens aus Niedersachsen an. So sind neben dem Vorsitzenden Prof. Dr. Hannes Rehm auch der DGB Niedersachsen mit Hartmut Tölle und der Bund der Steuerzahler Niedersachsen mit Bernhard Zentgraf Mitglieder der Kommission. Zusätzlich sind ehemalige Landtagsabgeordnete, Arbeitgeberverbände und weitere in der Diätenkommission vertreten. Abgeordnete der 16. Wahlperiode des Niedersächsischen Landtags sind nicht Bestandteil der Kommission.

Das Instrument der Diätenkommission ist aus meiner Sicht sehr praktikabel, da es die Abgeordneten vorerst von einer Entscheidung entbindet und einen konkreten Vorschlag macht. Ich halte es grundsätzlich für eine fragwürdige Entscheidung, wenn Berufsgruppen über ihr eigenes Gehalt abstimmen müssen. Da sich der Niedersächsische Landtag für eine Diätenkommission entschieden hat, entsteht aus den Empfehlungen dieser Kommission eine gewisse Verbindlichkeit zur Umsetzung. Ansonsten wäre das Verfahren nicht praktikabel und wir könnten die Kommission auflösen.

Festzuhalten ist, dass der Niedersächsische Landtag in den vergangenen Jahren den Vorschlägen zur Erhöhung der Diäten nicht immer gefolgt ist, sondern oft dahinter zurückblieb.

Zu der Behauptung, dass die „ohnehin schon hohen Diäten“ in diesem Jahr wieder angehoben werden: Der diesjährige Bericht der Diätenkommission empfiehlt eine allmähliche Angleichung der Diäten an die Besoldungsgruppe A 16 und damit auf ca. 6.200 Euro. Hintergrund für diese Entscheidung ist die Suche nach einem Leitbild, an dem sich das Einkommen der Abgeordneten langfristig orientieren kann. Die Gehaltsgruppe A 16 entspricht in Niedersachsen zum Beispiel der Einstufung eines Schulleiters eines Gymnasiums oder einer Referatsleitung in einem Ministerium mit ca. 3 bis 6 nachgeordneten Beschäftigten. Grundsätzlich ist ein solcher Vergleich sicherlich nicht leicht, da sich die Tätigkeits- und Aufgabenbereiche doch voneinander unterscheiden. Es darf natürlich auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass Abgeordnete im Vergleich zu den meisten Landesbediensteten jeweils nur einen „Zeitvertrag“ über fünf Jahre haben.

Die Landtagsabgeordneten entscheiden jährlich mit über die Verteilung von Haushaltsmittel i.H.v. mehr als 25 Milliarden Euro und sie verabschieden Gesetze, mit denen in das tägliche Leben von rund 8 Millionen niedersächsischer Bürgerinnen und Bürger eingegriffen wird. Erhebliche Bereiche des Wirtschafts- und Gesellschaftslebens liegen in der Regelungskompetenz des Landtages. Darüber hinaus repräsentiert jedes Landtagsmitglied ca. 100.000 Menschen in ihrem/seinem Wahlkreis. Für diese muss sie/er ständig ansprechbar sein und sich konkret für ihre Interessen engagieren. Deshalb bin ich der Ansicht, dass ein Vergleich mit einem Gymnasialleiter oder einem Referatsleiter hinsichtlich der Gehaltseinstufung durchaus plausibel ist. Deshalb halte ich eine Anlehnung der Diäten an A 16 für nachvollziehbar und begründet.

Die SPD-Landtagsfraktion hat sich mehrfach mit der Empfehlung der Diätenkommission befasst. Auch diesmal sind wir in der Beschlussfassung den Vorschlägen der Diätenkommission nicht in der vollen Höhe gefolgt und haben keine rückwirkende Erhöhung vorgenommen und die Bruttobezüge in zwei Stufen für jetzt und zukünftig auf 6.000 Euro angehoben. Damit bleiben wir um 200 Euro hinter A 16 zurück. Hinweisen möchte ich an dieser Stelle darauf, dass Abgeordnete, wie alle anderen Beschäftigten ihre Einkünfte voll versteuern müssen. Allerdings werden wir auch vorschlagen, die Einkünfte der Abgeordneten zukünftig an die allgemeine Einkommensentwicklung zu koppeln. Die Diäten der Abgeordneten sollen dann genauso steigen oder fallen wie die Einkommen aller Beschäftigten in der Wirtschaft und im öffentlichen Dienst. Die Verbesserungen und Verschlechterungen dieser Einkommen werden nach einem Index automatisch auf die Diäten übertragen. Aufgrund des Urteils des Bundesverfassungsgerichts werden wir diese Angleichungen jedoch zu Beginn jeder Wahlperiode im Landtag beschließen müssen. Die Hannoversche Allgemeine Zeitung hat hieraus eine Anpassung an den Preisindex gemacht – und entsprechend tendenziös kommentiert.

Während die Beschäftigten im öffentlichen Dienst im Jahr 2009 eine Tariferhöhung erhalten haben, hat der Niedersächsische Landtag nach Empfehlung der Diätenkommission auf eine Erhöhung der Abgeordnetenentschädigung verzichtet. So haben sich Gewerkschaften und Arbeitgeber für die Beschäftigten der Bundesländer auf eine zweistufige Entgelterhöhung mit einer Laufzeit bis Ende 2010 geeinigt. Zum 1. März 2009 sind die Tabellenentgelte um einen Sockelbetrag von 40 Euro sowie weitere 3 Prozent gestiegen. Für die Monate Januar/Februar 2009 wurde ein Einmalbetrag von zusammen 40 Euro bezahlt. Zum 1. März 2010 erfolgte eine weitere Erhöhung um 1,2 Prozent.

Grundsätzlich gilt, dass Abgeordnete Anspruch auf eine „angemessene, ihre Unabhängigkeit sichernde Entschädigung haben“. Diese muss im Einklang mit Einkommenssteigerungen des öffentlichen Dienstes stehen und einer öffentlichen Diskussion standhalten. Außerdem praktiziere ich seit Jahren die vollständige Offenlegung meiner Einkünfte als sog. „Gläserner Abgeordneter“.

Der Niedersächsische Landtag wird in den nächsten Monaten außerdem die Höhe der Aufwandsentschädigungen überprüfen. Ich kann mir gut vorstellen, dass wir auf die Privilegierung einer steuerfreien Aufwandsentschädigung verzichten und dafür alle tatsächlich anfallenden Kosten ansetzen dürfen. Auch eine Überprüfung der Altersversorgung sollte vorgenommen werden.

Aus meiner Sicht ist damit gewährleistet, dass der „Beruf“ des Landtagsabgeordneten für alle Bevölkerungsgruppen – von den niedrigen Einkommensgruppen bis zu den Höchsten – weiter attraktiv bleibt. Wir wollen im Landtag einen guten Querschnitt der Bevölkerung repräsentiert sehen. Dies sollte uns die Demokratie wert sein.

Auch das Argument, dass eine Erhöhung in der derzeitigen Finanzsituation des Staates „nicht in die Landschaft passt“ haben wir dabei erwogen. Letztlich ist aber festzustellen, dass nach dieser Logik eine Erhöhung zu keinem Zeitpunkt in der Geschichte unseres Landes möglich wäre. Seit dem Bestehen des Landes Niedersachsen gibt es eine Staatsverschuldung – die war mal höher und mal niedriger, aber immer präsent. – Als SPD-Landtagsfraktion treten wir auch schon seit einiger Zeit dafür ein, dass neben den unbestreitbar nötigen Sparmaßnahmen auch ein Nachdenken über die Aufgaben einsetzen muss, die der Staat unbedingt wahrnehmen muss. Dazu gehören für uns z.B. die Sicherung der „sozialen Netze“ unter Vermeidung der derzeit im Bund zu beobachtenden tiefen Einschnitte und die ausreichende Finanzierung der Bildung. Für die Gewährleistung dieser Aufgaben muss dann auch über eine Verbesserung der Einnahmeseite nachgedacht werden. Dabei – und bei den Kriterien für die Sparmaßnahmen – muss dass Prinzip: „Starke Schultern müssen mehr tragen als schmale Schultern“ gelten.

Abschließend: Ich habe mir die Entscheidung nicht leicht gemacht und habe die Überzeugung, dass die Mehrheit der Argumente für den Vorschlag der „Kommission zur Überprüfung der Angemessenheit der Abgeordnetenentschädigungen“ spricht. Für Rückfragen stehe ich gerne zur Verfügung.

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