„Die ersten Jahre als Gastarbeiter in Deutschland waren hart“, erinnert sich Thomas Bolosis. Wie viele seiner griechischen Landsleute war der heute 74-jährige im Jahr 1960 aus der Region Thespotias nach Dortmund gekommen. Arbeitskräfte waren in Deutschland Anfang der 60er Jahre knapp. Für den Mann aus dem armen Bergdorf Margariti war die erste Station der Bergbau – unter Tage, ohne Ausbildung, ohne Sprachkenntnisse. Die Deutsche Sprache lernen hatte für den Griechen deshalb Priorität. So fand Bolosis im Herbst `61 eine Anstellung bei Villeroy&Boch in Lübeck. Inzwischen mit seiner Frau Katarina verheiratet, kam der Grieche 1965 zur „Bahn“ nach Seelze.

Der Arbeitsplatz bestimmte erneut den Wohnort. Thomas Bolosis wohnte zuerst im Ledigenheim zwischen Seelze und Letter. Seine Frau die Kinder Paul und Friderike mussten vorübergehend zurück nach Griechenland, bevor sie in die erste Wohnung am Lessingplatz nachkommen konnten. Später zog die Familie Bolosis mit der zweiten Tochter Sabine in die Kurt-Schumacher-Straße. Thomas und Katharina Bolosis sind schon ein wenig stolz darauf, wie sie und die Kinder in Seelze eine „zweite Heimat“ gefunden haben. Die drei Kinder haben erfolgreich die Schule abgeschlossen und Paul eine KfZ-Lehre absolviert. „Wir werden nie vergessen, dass unsere Tochter Friederike (1975) und Schwager „Kosta“ (1976) im evangelischen Gemeindehaus in der Seelzer Kirchstraße Hochzeit gefeiert haben. Da haben Deutsche und Griechen wie wild Sirtaki getanzt!“

Jetzt, im August 2008, gab ein Wiedersehen mit Hannelore und Heinrich Aller. Die Freundschaft zwischen den griechischen Familien Bolosis und Dritsos in Sivota und Wiedemann und Aller hat viele Jahrzehnte gehalten. Thomas Bolosis wird künftig ein T-Shirt aus der neuen Kollektion „Obentrautstadt Seelze“ tragen. Dass Seelze jetzt mit Obentraut wirbt, war ebenso neu für die Alt-Seelzer, wie die Nachricht, dass das ehemalige evangelische Gemeindehaus einem Neubau weichen musste. „Wie es denn so läuft, mit der Politik in Seelze und Niedersachsen,“ wollte Thomas Bolosis von dem Seelzer SPD-Landtagsabgeordneten und Ratsherrn Heinrich Aller wissen.

In seiner Zeit in Seelze hatte Thomas Bolosis früh Kontakt zur örtlichen SPD, der Schwesterpartei der PASOK in Griechenland, gesucht. Es waren vor allem die damaligen Jungsozialisten um Uwe Wiedemann und Heinrich Aller, die sich mit der SPD für kommunale Aktivitäten zur Integration der zahlreichen Gastarbeiter und ihrer Familien aus Griechenland, Italien und Spanien stark machten. „Thomas Bolosis zählte über Jahre zu den aktiven Mitgliedern im Ausländerbeirat“, erinnert sich Heinrich Aller. Gemeinsam mit Uwe Wiedemann warb der Grieche, der zu der Zeit SPD-Mitglied wurde, insbesondere dafür, dass die „Kinder in der Schule vernünftig Deutsch lernten und zusätzlich muttersprachlichen Unterricht bekamen“.

Das damalige Obristenregime in Athen war gar nicht gut auf Landsleute zu sprechen, die sich in demokratischen Parteien engagierten, weiß Thomas Bolosis zu berichten. Fast 18 Jahre hat die Familie Bolosis in Seelze gewohnt. 1970 ist Konstantin „Kosta“ Dritsos mit seiner Frau Martina und den Kindern Andreas und Sofia ebenfalls in die Kurt- Schumacher-Straße gezogen. Beide Familien haben Anfang der 80er Jahre den Wechsel in die Gastronomie gewagt. Vielen Liebhabern griechischer Küche aus Seelze und Garbsen ist das Restaurant „Kavala“ ein Begriff.

Durch harte Arbeit und familiären Zusammenhalt haben sich die beiden Familien in Deutschland Existenzen aufgebaut und dann ihren Traum erfüllt. Die Familie Bolosis betreibt seit Anfang der 80er Jahre in Sivota – einem der wichtigen Touristenorte auf dem Festland östlich von Korfu – das Vier-Sterne-Hotel „Hotel Sivota“. Paul und seine Frau Xenia managen heute den Familienbetrieb mit internationalem Publikum. Katharina und Thomas Bolosis können aber auch heute noch nicht richtig loslassen.

Thomas Bolosis „mischt heute noch politisch mit“. Er setzt sich vor allem für verbesserte Umweltpolitik und Infrastruktur in Griechenland ein. „Wir haben Sonne, die attraktive Landschaft, das Meer und herrliche Strände. Sie sind zusammen mit den unzähligen historischen Stätten die Attraktionen für einen sanften Tourismus, den wir klug weiterentwickeln müssen“, meint er. Vor allem, wenn Gäste aus dem Raum Hannover, aus Seelze oder Garbsen in Sivota Urlaub machen, trifft man sich im Gartenrestaurant des Hotels oder im Restaurant „Mega Ammos“ bei Kosta und Martina Dritsos am schönsten Strand von Sivota zum „Fachsimpeln“. In der Region Thesprotias sprechen viele Griechen Deutsch und denken europäisch.