Weit mehr als eine Million Euro hat die Politik des niedersächsischen Innenministers Uwe Schünemann die Stadt Seelze seit 2005 schon jetzt gekostet. Zu diesem Ergebnis kommt der SPD-Landtagsabgeordnete Heinrich Aller auf der Basis von Zahlen und Fakten, die sich aus dem Datenmaterial der Landesregierung ergeben. Landtagsanfragen und Veröffentlichungen der kommunalen Spitzenverbände und der Region Hannover belegen, so Aller, der auch Seelzer Ratsherr ist, dass Land spart und vor allem die finanzschwächsten Kommunen zahlen!

Städte, Gemeinden oder auch die Region Hannover seien trotz erheblicher Mehreinnahmen durch die allgemein positive Steuerentwicklung ausweislich der Statistiken des Innenministers selbst die Verlierer bei der Verteilung der Einnahmen zwischen Land und Kommunen. Dies sei so, auch wenn der KFA wegen der sprudelnden Steuereinnahmen bei Bund und Land auf Rekordhöhe gestiegen sei und die Steuerverbundabrechnung für 2007 vorgezogen worden sei.

Dass der Kommunalminister den für 2004 zugesagten und durch ein Konsolidierungsprogramm der Stadt untermauerten Betrag von 1,95 Millionen Euro an Bedarfszuweisungen noch immer nicht auszahlt, ist ein Skandal! meint der SPD-Politiker. Für völlig unverständlich hält er die Haltung der Ratsmehrheit, die sich gegenüber dem Innenminister in der Rolle eines Bittstellers sehe. Der Rat habe bereits schmerzliche Kürzungen umgesetzt, um frühere Bedarfszuweisungen zu erhalten und trotzdem wichtige Investitionen wie beim Sanierungsprogramm der Schulen umgesetzt. Aller warnt davor, sich durch eine schablonenhafte Umsetzung von Einsparforderungen auf einen Kurs des Kaputtsparens drängen zu lassen. Eine für Neubürger, Siedlungsinteressierte und interessante Firmen unattraktive Stadt habe auf Dauer keine Chance, die eigene Steuer- und Finanzkraft zu steigern. Gerade deshalb streite die SPD für eine zügige Auszahlung und kluge und wirtschaftlich sinnvolle Verwendung der Bedarfszuweisungen.

In diesem Zusammenhang kritisiert der SPD-Politiker auch, dass die Landesregierung offenkundig darauf spekuliert, dass die komplizierten Zusammenhänge von den Bürgerinnen und Bürgern nicht erkannt würden und die eigenen CDU-Parteifreunde in Rathäusern, Räten und Kreistagen still halten. Die Schünemann-Politik ist ein unhaltbarer Zustand! Aller ist sich sicher, dass auch die CDU die Zahlen und Auswirkungen für Seelze und die Region kennt.

Die Regierung Wulff und Innenminister Schünemann hätten ihre vor und unmittelbar nach der letzten Landtagswahl gegenüber den niedersächsischen Kommunen abgegebene Versrechen gebrochen. Sie hatten eine radikale Kurskorrektur bei den Kommunalfinanzen zugesagt. Tatsächlich seien aber weder die Bedarfszuweisungen im Landeshaushalt auf die versprochenen 100 Millionen Euro jährlich erhöht, noch die früheren Kürzungen ausgeglichen worden.

Tatsächlich hat Kommunalminister Schünemann ausgerechnet zu Zeiten akuter Einnahmeprobleme der Kommunen den KFA (Kommunalen Finanzausgleich) gekürzt, Millionenbeträge an Bedarfszuweisungen zurückgehalten und so Schuldzinsen auf die Kommunen abgewälzt. Gleichzeitig lässt sich die Landesregierung für diese dreistellige Millionensumme als so genannte Einsparung im Landeshaushalt feiern. Daran ändert auch nichts, dass kurz vor der Wahl die Kürzung der Verbundquote von 16,09 auf 15,04 in 2005 jetzt um 0,46 auf 15,5 % teilweise zurückgenommen worden sei. Die SPD fordert eine Wiederherstellung der ursprünglichen Quote von 16,09 Prozentanteilen über den Finanzausgleich. Damit wäre der Griff in die kommunalen Kassen beendet.

Mit einer Reihe parlamentarische Anfragen habe er, so Aller, mit anderen Kollegen Licht in das Dunkel der KFA-Praxis des Innenministers gebracht. Ausweislich der Angaben der Landesregierung (Drucksachen 15/1855 und 15/2785) hat die Stadt Seelze im Jahr 2005 rund 264.000 Euro und im Jahr 2006 rund 340.000 Euro verloren. Im laufenden Jahr 2007 wird sich der Einnahmeausfall auf mehr als 125.000 Euro belaufen. Indirekt betroffen ist die Stadt Seelze natürlich auch durch die Einbußen, die die Region Hannover durch die Gesetzesänderungen hinnehmen soll. Auf allein 30 Millionen beim KFA und weitere 10 Millionen im Sozialbereich beziffert die Region die Einnahmeausfälle. Darüber hat Regionspräsident Hauke Jagau die Fraktionen und Abgeordneten in der Region Hannover ausführlich informiert. Die Zinslast in Folge der KFA-Kürzungen und vorenthaltenen Bedarfszuweisungen ließen sich leicht berechnen. Insgesamt belaufen sich die zusätzlichen Zinsen für Seelze inzwischen auf mindestens 300.000 Euro mit steigender Tendenz. Der Wunstorfer Bürgermeister rechnet lauf Presse mit 50.000 bis 60.000 Euro pro Million und Jahr. Allein bei der Addition der jährlichen Ausfälle überstiegen die Einnahmeausfälle und Zinsfolgelasten für Seelze deutlich die Millionengrenze. Rechne man die jeweiligen Basiseffekte hinzu, sei die Situation noch dramatischer.

Neuestes Zahlenmaterial der Kommunalen Spitzenverbände untermauert die Kritik des Seelzer SPD-Landes- und Kommunalpolitikers. So bunkerten Innen- und Finanzministerium weiterhin rund 89 Millionen Euro an Bedarfszuweisungen für Kommunen mit akutem Finanzbedarf. Dem entgegen stehe die Entwicklung der Kassenkredite der niedersächsischen Kommunen. Sie seien diese seit 2003 also in der Amtszeit von Innenminister Schünemann um rund ein Drittel auf rund 4,7 Milliarden Euro Mitte 2007 gestiegen. Auch Seelze finanziert den Haushalt zum Teil über Kassenkredite. . Aller wirft der CDU vor, dass sie Parteiräson über die Stadtinteressen stelle. Anders seien die Reaktionen auf einen SPD-Antrag im Rat nicht zu erklären, mit denen die Ratsmehrheit eine offene Diskussion über die Folgen der KFA-Politik und vorenthaltener Bedarfszuweisungen mit Vertretern des Innenministers jetzt verhindert hat. Sich hinter den Aussagen des Innenministeriums zu verstecken, werde der Verantwortung gegenüber der Stadt nicht gerecht. Allein die Weigerung Schünemanns, der Stadt den Teilbetrag von 1,9 Millionen Euro für 2004 sofort auszuzahlen, sei unbegreiflich. Seit Jahren habe Seelze von der Landesregierung anerkannte Konsolidierungs- und Haushaltssicherungsprogramme vorgelegt, die von Steuererhöhungen bis zur Schließung von Verwaltungsaußenstellen stets auf massivsten Widerstand der CDU gestoßen seien. Diese haushaltspolitischen Kraftakte waren Voraussetzung für frühere Zahlungen des Landes und dürften jetzt nicht vom Innenminister in Frage gestellt werden.

Aus der aktuellen Kontroverse ziehen die Seelzer SPD und Aller folgende Schlüsse:

1. Das Land Niedersachsen muss unverzüglich die erste Tranche der Bedarfszuweisungen in Höhe von 1,9 Millionen Euro zuweisen.

2. Das Land soll bei der Verhandlung über eine Zielvereinbarung die Einsparanstrengungen der Vorjahre anerkennen und die Tranche für 2005 nicht nur unter Kürzungs-, sondern vor allem auch unter dem Aspekt Investitionen in die nachhaltiger Stärkung der Einnahme- und Finanz-/ Steuerkraft der Stadt verhandeln. Eine Auszahlung muss kurzfristig erfolgen.

3. Die Zahlung von Bedarfszuweisungen ist an wirtschaftlichen, für die Stadtstruktur förderlichen - und nicht im Vergleich zu Nachbarkommunen den Standort benachteiligenden Strategien auszurichten. D.h. Seelze darf nicht kaputt gespart werden.

4. Die unverzügliche Zahlung von Bedarfzuweisungen in Höhe von rund 4,75 Millionen Euro muss sich an der spezifischen Situation Seelzes orientieren. Konsolidierungsvorleistungen sind anzuerkennen. Deshalb verbietet sich eine schablonenhafte Übertragung der Vergabebedingungen von Bedarfszuweisungen.

5. Durch die Mittelverwendung müssen positive Entwicklungschancen und eine aufgabengerechte Finanzierung der Daseinsvorsorge in Seelze gesichert und unterstützt werden. Konsolidierung und Stärkung der Wirtschafts- und Finanzkraft sind zwei parallel zu verfolgende Maßnahmen auf dem Weg aus der Finanzenge und Unabhängigkeit von Bedarfzuweisungen.